08.09.2023 | Andreas Nebel
Im ersten Blogbeitrag zur Serie "Lohnbearbeitung mit SAP" haben wir Ihnen dargelegt, was die Lohnbearbeitung genau ist, die Begriffe definiert und Ihnen dies anhand eines Beispiels veranschaulicht.
Wir wollen uns innerhalb der Lohnbearbeitung nun das notwendige Customizing sowie den Aufbau der Stammdaten in SAP näher anschauen und beschränken uns dabei auf die für die Lohnbearbeitung im Vergleich zu den sonstigen Prozessen abweichenden Einstellungen.
Für den Prozess muss der Lohnbearbeiter, hier die Firma MusterX GmbH, als Bussines Partner im System angelegt werden. Hierbei sind als Besonderheit sowohl die BP-Sichten für den Kunden inkl. der Zuordnung zur Verkaufsorganisation des Werkes als auch die Sichten für den Lieferanten inkl. der Einkaufsorganisation notwendig.
Damit die Beistellkomponenten im Rahmen der Lohnbearbeitung disponiert werden können, muss für jeden Lohnbearbeiter-Bussinespartner nun ein eigenständiger Dispobereich (Dispobereichstyp 3) im Customizing angelegt werden. Zwar ist dies eine Customizing-Aktivität, im SAP-Standard ist diese jedoch aufgrund der häufigen Verwendung bereits operativ freigegeben und kann über den Transaktionscode OMIZ aufgerufen werden.
Anlage des Dispobereichs für den Lohnbearbeiter mit der Transaktion OMIZ
Zuordnung des Businesspartner zum Dispobereich
Sehen wir uns nun die Pflege der Materialien für die Lohnbearbeitung an. Wie bereits erwähnt, unterscheiden wir hier zwischen dem Kopfmaterial und einem oder mehrerer Beistellmaterialien zur Lohnbearbeitung.
Das Beispielmaterial ist das Material, welches laut Stückliste zur Fertigung des Kopfmaterials benötigt und dabei regelmäßig verbraucht wird. Für die Nutzung dieser Materialien im Rahmen der Lohnbearbeitung werden diese an den Lohnbearbeiter versandt, weshalb die Vertriebssichten, insbesondere eine Zuordnung zu einer Verkaufsorganisation und zu einem Vertriebsweg erfolgen muss.
Außerdem ist das Beistellmaterial ab S/4HANA nun in den Dispobereich für den Lohnbearbeiter einzubinden. Dies erfolgt in der Sicht Disposition 1 im Materialstamm unter Dispositionsbereiche:
Pflege des Dispobereiches für die Lohnbearbeiter im Materialstamm der Beistellkomponenten
Mit dem Dispobereich für die Lohnbearbeitung werden die Bedarfe vom allgemeinen Werksdispobereich separat disponiert. Dadurch können Sie die Vorgaben für den MRP-Lauf im Dispobereich für den Lohnbearbeiter abweichend konfigurieren. Besonderes Augenmerk möchten wir dabei auf das Sonderbeschaffungskennzeichen (SoBsL) legen. In unserem Beispiel wählen wir das SoBsL 45 für Umlagerung von Werk an LB-Dispobereich, welches in der Standartauslieferung bereits vorhanden ist.
Das Sonderbeschaffungskennzeichen im Dispobereich zum Lohnbearbeiter im Materialstamm des Materials P4Y-A001-10
Damit wird bei einer MRP-Disposition eine Umlagerungsreservierung angelegt, ein Bedarf im Werksdispobereich generiert und dieser entsprechend den Einstellungen im Materialstamm gedeckt (z. B. via Bestellanforderung oder Fertigungsauftrag). Alternativ würde hier der Abzweig in die Strecke erfolgen. Wenn zum Beispiel das Beistellmaterial fremdbeschafft werden würde und dieser Lieferant direkt an den Lohnbearbeiter liefern soll, würden Sie hier das SoBsL 20 wählen.
Für unser Beispiel haben wir hier vier Beistellmaterialien angelegt:
Im Gegensatz zu den Beistellmaterialien benötigt das Kopfmaterial für die Lohnbearbeitung mehr spezifische Pflege. Neben den üblichen Sichten des Materialstamms benötigt es zum einen eine Verknüpfung zur Materialstückliste (via Fertigungsversion in der Sicht Dispo 4) und zum anderen das Sonderbeschaffungskennzeichen 30 in Verbindung mit dem Beschaffungskennzeichen F in der Sicht Dispo 2. Sehen wir uns dies nun am Beispiel des Materials P4Y-M100-20, Musterbox2000 näher an
Zunächst zum Sonderbeschaffungskennzeichen für die Lohnbearbeitung. Es dient im Wesentlichen dazu, das Positionskennzeichen L in der Bestellung zu vergeben, welches die Bestellung des Kopfmaterials später als Lohnbearbeitungsbestellung kennzeichnet. In der Standartauslieferung ist dieses Kennzeichen bereits vorhanden, muss ggf. jedoch im Customizing noch dem Werk zugeordnet werden. Nachfolgend sehen Sie beispielhaft das Customizing zum SoBsL 30:
Customizing des SoBsL 30 für das Werk 1010 (Materialwirtschaft, Verbrauchsgesteuerte Disposition, Stammdaten, Sonderbeschaffungsarten festlegen)
Im Materialstamm (Sicht Disposition 2) wird nun dieses Sonderbeschaffungskennzeichen beim Kopfmaterial (P4Y-M100-20) hinterlegt:
Hinterlegung des SoBsL 30 im Materialstamm des Kopfmaterials
Bevor wir nun mittels der Fertigungsversion eine Materialstückliste zum Material hinterlegen können, müssen wir diese Materialstückliste anlegen. Grundsätzlich unterscheidet sich die Anlage der Stückliste für die Lohnbearbeitung nicht von der Anlage für die Eigenfertigung, es könnte auch dieselbe Stückliste verwendet werden. Wir wollen Ihnen den Anlageprozess kurz an unserem Beispiel darstellen.
Hierfür empfiehlt sich die Transaktion CS01, welche sie auch unter dem Pfad Produktion – Stammdaten – Stücklisten – Stückliste – Materialstückliste anlegen im SAP Menü finden können.
Einstiegsbildschirm der Transaktion CS01 zur Anlage einer Materialstückliste
Im Weiteren werden nun die Beistellmaterialien für dieses Produkt in den Positionsdaten mit dem lohnveredelten Produkt verbunden. In unserem Beispiel erkennen Sie, dass für die Bestückung einer Musterbox, eine Aufbewahrungsbox, je 2 Ampullen und Blister sowie 15 Tablettenhülsen benötigt werden:
Anlage der Positionsdaten zur Stückliste für das Material P4Y-M100-20
Nach der Anlage der Materialstückliste, kann diese nun mittels Fertigungsversion in den Materialstamm des Kopfmaterials (PY4-M100-20) eingebunden werden. Hierfür wird nochmals der Materialstamm mit der Transaktion MM02 aufgerufen, wo in der Sicht Dispostion 4 die Fertigungsversion angelegt werden kann.
Anlage der Fertigungsversion mit Referenz auf die Materialstückliste im Materialstamm des Kopfmaterials
Zunächst wenig umfangreich erscheint das Customizing für die Lohnbearbeitung in SAP, beinhaltet jedoch mit den Dispobereichen für den Lohnbearbeiter eine große Neuheit in S/4HANA. In diesem Beitrag haben Sie die für den Prozess notwendigen Customizing-Aktivitäten sowie den Aufbau der notwendigen Stammdaten kennengelernt.
In den nächsten Beiträgen dieser Reihe zeigen wir Ihnen, wie der Lohnbearbeitungsprozess in SAP nun operativ abläuft - Einmal klassisch mit der SAP GUI und einmal mit der neuen SAP UI5-FIORI-Oberfläche.
Bleiben Sie also auf dem Laufenden und schauen Sie bald wieder auf unserem Blog vorbei! Und falls Sie bis dahin schon Fragen haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren - Wir helfen Ihnen gerne weiter!